
Die Energiewende ist auch mit dem Schutz der Biodiversität umsetzbar
08.07.2021 – News
Die Energiewende sei nicht zu schaffen, ohne den Schutz der heimischen Biodiversität grossmehrheitlich auszuhebeln. Kaum war die Abstimmung zum CO2-Gesetz am 13. Juni 2021 vorbei, griffen Deutschschweizer Medien die Kritik der Gegner:innen der Biodiversitätsinitiative auf. Es wird moniert, dass die Umweltverbände unnötig Projekte blockierten und die Gesetzgebung den Naturschutz bevorzugt. Das ist schlicht Unsinn, reiht sich aber in eine ganze Serie von Angriffen auf den Biodiversitätsschutz ein mit dem Ziel, diesen gegen die Energiewende auszuspielen. Oftmals mitgetragen von denselben Kreisen, die sich gegen das CO2 Gesetz ausgesprochen haben.
Wir stellen klar:
Klimakrise und Biodiversitätskrise können und müssen zusammen gelöst werden.
Eine Energiewende auf Kosten der Biodiversität wäre ein Eigentor, das uns teuer zu stehen kommen könnte. Das Trauerspiel des Biodiversitätsverlusts durch die Erderwärmung zeigt sich nicht nur bei den Eisbären, Koalas und Meeresschildkröten. Auch in der Schweiz machen die immer höheren Temperaturen den einheimischen Tier- und Pflanzenarten zu schaffen. Viele Arten, wie das Alpenschneehuhn oder das Birkhuhn, verlieren ihre Lebensgrundlagen und könnten aussterben. Wirksame Klimapolitik wirkt sich also auch positiv auf die Biodiversität aus.
Umgekehrt trägt der Verlust der Biodiversität zum Klimawandel bei. Je mehr Moore, Wälder und Grünflächen verschwinden, desto weniger CO2 wird absorbiert. Immer mehr versiegelte Flächen erhöhen die Absorption der Sonneneinstrahlung, verändern den Wasserkreislauf und verstärken damit die Wirkungen des Klimawandels (Hitzeinseln, Überschwemmungen, etc.). Massnahmen zur Erhaltung und Förderung der Biodiversität helfen, den Klimawandel zu stoppen.
Um beide Krisen gemeinsam angehen zu können, ist systemisches Denken und Handeln gefragt. Massnahmen gegen die beiden Krisen sind deshalb integral zu entwickeln und aufeinander abzustimmen. Die Reduktion des CO2-Ausstosses sowie der Schutz und die Renaturierung von Ökosystemen weisen dabei besonders viele Synergien auf und wirken gegen beide Krisen. Wo potenziell Zielkonflikte bestehen – etwa beim Ausbau der erneuerbaren Energien – müssen Massnahmen besonders umsichtig umgesetzt werden, damit sie die jeweils andere Krise nicht noch verschärfen.
Das aktuelle Faktenblatt von scnat – akademie der naturwissenschaften fasst zusammen, wie sich Klima und Biodiversität gegenseitig beeinflussen.
Faktenblatt scnat, August 2021
HOTSPOT scnat- Akademie der Wissenschaften «Biodiversität und Klimawandel», Mai 2021
Positionspapier “Biodiversitätsinitiative und Erneuerbare Energien”
Gastkommentar von Raffael Ayé, Geschäftsführer Birdlife Schweiz, Tagesanzeiger, August 2021
Schutz und Nutzung von Flächen sind vereinbar, wenn der politische Wille dazu da ist. Die Biodiversitätsinitiative und die Ausbauziele der Energiestrategie 2050 sind miteinander vereinbar.
Der Stolperstein der Energiewende ist sicherlich nicht der Schutz der Biodiversität. Projektbezogene Konflikte mit der Biodiversität resultieren vielfach aus den fehlgeleiteten, teilweise biodiversitätsschädigenden Förderanreize für neue und bestehende Energieanlagen, die ohne Auflagen für die Ökologie oder die Versorgungssicherheit vergeben werden. Würden Fördergelder mit ökologischen Auflagen und konkreten Vorgaben an die Versorgungssicherheit verknüpft, liesse sich der Druck auf die bereits stark beeinträchtigte Biodiversität wesentlich entschärfen und der unbestritten notwendige Zubau erneuerbarer Energien, insbesondere der Photovoltaik, würde wesentlich rascher voranschreiten und die Biodiversität hierzulande weniger belasten.